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“My mother tongue
Sits in my throat like an allergy”
(usem Gedicht Local vo de Koleka Putuma)

Nachem erschte Zögere hani mich druf gfreut, de Teggscht in Mundart z’schriibe. Aber mis Zögere het mi gwundrig gmacht und ich han über mini Chindheitssprooche afo noochedänke. Mit minere Mueter han ich Schwiizerdütsch gredet und aafänglich schiins au mit mim Vater. Woni öppe vieri gsi bi, hani mit ihm aafo französisch rede. Hüt froogi mi, wie das dönt und wie die Art vo Verschtändigung funktioniert het, vor allem, wenni mini fünfjöhrig Tochter ghör schwätze. Mit ihrne Wörter, ere Mischig us Basel- und Sanggallerdütsch, erkläärt sie mir d’Wält. Im Chindsgi rede d’Lehrpersone Hoochdütsch, was zunere chline Verwirrig gfüert het. D’Chindsgilehrerin heisst Frau Sprecher und mini Tochter het dehei die ganz Ziit vo de Frau Schwätzer verzellt.
Ich han mich johrelang drüber ufgreggt, dass min Vater eus Chind nie sini Mueterschproch Wolof biibrocht het. Es het d’Lektüre vom Ngũgĩ wa Thiong’o bruucht, bis ich verschtande han, dass sini Mueterschprooch näbe Liebi, Musikalität und Verschtändigung als Chind au mit Zwiifel, Scham und Angscht verbunde gsi isch. En Satz in «Dekolonisierung des Denkens» isch mer hange bliibe: «Für ein koloniales Kind wurde Lernen zu einer intellektuellen Aktivität und nicht zu einer gefühlten Erfahrung.» S’französische Kolonialsyschtem het vorgseh, dass sich die französischi Schprooch und Kultur, bis ins letschte Dorf usbreite sött. Wenn me als Schriftschtellerin oder Politiker öpis het welle gälte, het me je nach Land und unter wellere koloniale Herrschaft uf Französisch, Änglisch, Portugiesisch oder Holländisch gschriibe, gredet und dänkt. Als obs vor de Kolonisierig kei Schprooche gee hetti. D’Chinder sind beschtrooft und bloosgschtellt worde, wenn me sie i de Schuel bim Schwätze in de Mueterschprooch verwütscht het. Ihne isch iibleut worde, sie sige rückschtändig und unterentwicklet.

Siit genau sächzig Johr isch Senegal unabhängig. E grosse Teil vo de Familie vo mim Vater läbt im Land und ufem Kontinänt vo ihrne Vorfahre. Sie händ sich d’Gschichte i de Schprooche vo ihrem Land verzellt (Wolof, Serer, Diola, Mande, Jola und no vill meh – e multilinguals Land ebbe), händ ihri Lieder und Legände, ihri Witz über Johrhundert wiitergee, erneueret, ufgschriibe, gschtaltet, so wie mir au. Und händ nit mir scho mängisch en Kompläx gegenüber em Hoochdütsche? Wie muess das für die Mänsche gsi sii, wo während em Kolonialismus in Afrika, Süd- und Nordamerika, Indie oder Asie ihri Schprooche händ müesse ufgee und dezue zwunge worde sind, sogenannti «Wältebürger» z’wärde.

Aber Mänsche und Schprooche weigere sich mängisch z’schtärbe oder z’verschtumme. Ich wünsch mir für alli Chind, wo nit Schwiizerdütsch als Mueter- oder Vaterschprooch händ, dass sie in «ihrne» Schprooche frei reden und dänke dörfe und sie irgendeinisch wiitergänd an ihri Chind.

 

Zum Noochlääse:
Ngũgĩ wa Thiong’o: «Dekolonisierung des Denkens». Essays über afrikanischi Schprooche in dr Literatur. Usem Änglische vom Thomas Brückner. Unrast, 2018